Der BGH hat am 11. Dezember 2023 deutlich gemacht, dass im Abgasskandal Schadenersatzansprüche bei einem VW T6 wegen der Verwendung eines Thermofensters bestehen können, entsprechend der BGH Rechtsprechung vom 26. Juni 2023 an, nach der Schadenersatzansprüche schon bestehen, wenn der Fahrzeughersteller nur fahrlässig gehandelt hat.
Das Urteil des BGH vom Juni 2023 zeigt Wirkung. Zahlreiche Gerichte haben seitdem bereits entschieden, dass Schadenersatzansprüche wegen eines Thermofensters bei der Abgasreinigung bestehen können, weil der Fahrzeughersteller zumindest fahrlässig gehandelt hat. „Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung muss dem Autobauer nicht mehr nachgewiesen werden. Das hat die Hürden für Schadenersatzansprüche im Abgasskandal deutlich gesenkt“, sagt Oeltod-Anwalt Frederik M. Gisevius von BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
Von dieser verbraucherfreundlichen Rechtsprechung konnte ein Mandant von BRÜLLMANN Rechtsanwälte zunächst noch nicht profitieren. Dieser hatte im Februar 2017 einen VW T6 Multivan mit dem Dieselmotor des Typs EA 288 und der Abgasnorm Euro 6 gekauft. Das Modell ist mit einer Fahrkurvenerkennung und einem Thermofenster bei der Abgasreinigung ausgestattet. „Wir haben daher für unseren Mandanten Schadenersatzansprüche wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen geltend gemacht“, so Rechtsanwalt Gisevius ab.
Das OLG Stuttgart wies die Klage jedoch mit Beschluss vom 16. Dezember 2021 – und damit deutlich vor dem BGH-Urteil vom Juni 2023 - ab. „Durch die verbraucherfreundliche Entscheidung des BGH vom 26. Juni 2023 hat sich das Blatt jedoch gewendet. Wir haben daher Revision gegen die Entscheidung des OLG Stuttgart eingelegt“, sagt Rechtsanwalt Gisevius
Die BGH bestätigte im Revisionsverfahren zwar die Einschätzung des OLG Stuttgart, dass keine Schadenersatzansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung bestehen. Allerdings könnte der Kläger Anspruch auf Ersatz des sog. Differenzschadens haben. Zur Begründung führte der BGH aus, dass in dem VW T6 eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters zum Einsatz kommt. Dennoch habe VW eine Übereinstimmungsbescheinigung für das Fahrzeug ausgestellt und damit zumindest fahrlässig gehandelt.
Der Kläger habe daher zwar keinen Anspruch auf die vollständige Rückabwicklung des Kaufertrags wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, er könne aber Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens haben, so die Karlsruher Richter. Über diesen Anspruch muss nun das OLG Stuttgart im Licht der verbraucherfreundlichen Rechtsprechung des BGH erneut entscheiden.
„Der Differenzschaden beträgt nach Rechtsprechung des BGH zwischen 5 und 15 Prozent des Kaufpreises. Zudem kann der Käufer das Fahrzeug behalten. Gerade bei Fahrzeugen mit einem Thermofenster lassen sich Schadenersatzansprüche im Abgasskandals durch die verbraucherfreundliche Rechtsprechung des BGH besser durchsetzen“, so Rechtsanwalt Gisevius.